Schicksal der Protestanten in Frankreich (Halle, 1759)

© Sammlung PRISARD
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Friedrich Eberhard Rambach:

Schicksal der Protestanten in Frankreich

 

(dr). Der promovierte pietistische Theologe, Domprediger und Konsistorialrat Friedrich Eberhard Rambach (1708-1775) ist ab 1756 Superintendent des Saalekreises und wirkt ab 1766 als Oberkonsistorialrat im Fürstentum Breslau. Als Herausgeber verantwortet er unter anderem die Nachrichten von den Begebenheiten und Schriften berühmter Gelehrter und wirkt als Übersetzer englischer Paraphrastik. Darüber hinaus engagiert sich Rambach zugunsten der verfolgten Protestanten in Frankreich: Das von ihm aus dem Französchen ins Deutsche übersetzte und mit einem Vorwort versehene Werk Schicksal der Protestanten in Frankreich kommentiert kritisch die Geschichte und Verfolgung der Hugenotten und setzt sich mit zahlreichen Argumenten für die Religionsfreiheit sowie die zivilrechtliche Anerkennung der Hugenotten ein.

 

Wie aus dem Vorwort Rambachs hervorgeht, hat die Schrift apologetischen Charakter: Sie will die auch jüngst wieder gegen die Protestanten vorgebrachten Verleumdungen entkräften und aufzeigen, dass sie nicht nur zu Unrecht aufs Schlimmste verfolgt werden, sondern loyale und nützliche Untertanen des Königs sind und mit ihren Gottesdiensten ausschließlich religiöse Ziele verfolgen.

 

Der französische Autor des Werkes bleibt aus Sicherheitsgründen ungenannt: Vereinzelt wird die Schrift jedoch dem katholischen Magistraten Jean-Pierre-François Ripert, Marquis de Monclar (1711-1773) zugeschrieben. Dieser setzt sich als Generalprokurator des Parlements der Provence (Südostfrankreich) wiederholt für die Rechte der Protestanten ein und gilt als entschiedener Gegner der Jesuiten. Bekannt ist seine Schrift Mémoire théologique et politique au sujet des mariages clandestins des Protestans de France (1755) - auf ihrem Titelblatt findet sich in lateinischer Sprache als großartiges Motto die Bibelstelle Matthäus 12,20 (vgl. Jesaja 42,1-4) vorangestellt: "Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen[, bis er das Recht hinausführt zum Sieg]."

 

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▼ Buchauszug

 

[278] „Diese Dragoner […], die geschickter wären zu tödten, zu stehlen und Schandthaten auszuüben, als zu überzeugen, übeten nun auch in ihren Häusern [d.h. in den Häusern der Protestanten] alle Arten der Greuel aus; sie nothzüchtigten ihre Weiber und Töchter; sie schleppten sie, der königlichen Ordre zu Folge und unter dem Beystand der Pfaffen, mit gewafneten [!] Händen vor die Altäre, und schrien ihnen ohne Unterlas[s] zu: Entweder zur Messe, oder todt!“

▼ Buchauszug

 

[292] „Es währete nicht lange, so bemächtig[t]en sich die Truppen der Pässe und der Thore der Städte, stelleten auf allen Strassen Wachen aus, und drungen mit blossen Degen in die Häuser und schrien: Stirb Hund! oder werde Catholisch! Sie griffen hierauf die Leute gewaltthätiger Weise an, und verübten die grös[s]ten Schandthaten an ihnen, um sie zur catholischen Religion zu zwingen. Unter unbeschreiblichem Geheule und Gotteslästerungen hiengen sie die Leute männliches und weibliches Geschlechts bey den Haaren oder Füssen an die Kammerdecken oder Haaken in den Feuermäuern und liessen sie durch angezündetes nasses Heu räuchern. Diese Qual wurde sehr oft wiederholet. Sie rissen ihnen die Haare aus dem Kopfe und Bart. Sie warfen sie in ein besonders dazu angemachtes Feuer, woraus sie nicht eher wieder gezogen wurden, bis sie halb gebraten waren. Sie bunden anderen Stricke unter die Arme und tauchten sie sehr oft ins Wasser; sie prügelten etliche braun und blau und schlep-

 

[293] pten sie hernach in die Kirchen. Sie verhinderten sie 7 bis 8 Tage lang am Schlafe, und löseten sich unter einander ab, um Tag und Nacht auf sie acht zu haben, und sie wachend zu erhalten. Schlieffen sie, so gossen sie ihnen ganze Becken voll Wasser ins Gesicht, und machten ein unaufhörliches und grausames Geschrey, bis sie diese armen Leute um ihre Sinnen und Verstand gebracht hatten. Fanden sie Männer oder Weiber am hitzigen Fieber krank liegen, so waren sie so grausam, dass sie ein Dutzend Trommelschläger zusammen brachten, die um derselben Bette ein entsetzliches Gelerme anfiengen, um dieselben aller ihrer Vernunft zu berauben. Es trug sich an einem Orte zu, dass sie Väter und Ehemänner an das Bette bunden und vor ihren Augen ihre Weiber und Töchter schändeten. Andern schlugen sie Plöcke unter die Nägel an Händen und Füssen, bliesen Männer und Weiber mit Blasebälgen auf, bis sie fast platzen wol[l]ten, und zerfleischten sie mit Stecknadeln, nachdem sie selbige zuvor nackend ausgezogen. […] Was bisher gesaget worden, ist nur eine kleine Probe der grausamen Wuth, die an uns ist ausgeübet worden. In den allergrössten Verfolgungen hat die Hölle keine so teuflische und barbarische Mittel erfunden und sich derselben bedienet, als die Dragoner und Mönche. Diese Ungeheuer der menschlichen Natur, diese verabscheuungswürdige[n] Barbaren[,] die alle Menschlichkeit ausgezogen hatten, wendeten alle nur ersinnliche Mühe an, uns zu verderben und aufzureiben.“