Samuel Auguste André David Tissot

(dr). Entgegen anderslautender Annahmen hat der berühmte reformierte Arzt Samuel Auguste André David Tissot keine hugenottischen Vorfahren. Zwar wird 1686 in Genf ein Refugié aus der Franche-Comté (Ostfrankreich) verzeichnet, der mit seinem Vater, Pierre Tissot, den gleichen Namen teilt. In Wirklichkeit aber ist die Familie von Samuel A. Tissot zu diesem Zeitpunkt schon lange in der Schweiz ansäßig und weist andere Wurzeln auf:

 

Nach einer glücklosen Teilnahme am Kreuzzug von 1147 lässt sich demnach Tissots Vorfahre, Alexandro Tisoni, im Jahr 1152 auf den Gütern von Tschiernhausen in der Franche-Comté nahe der Schweizer Grenze nieder. Dabei passt er seinen Namen französischen Gepflogenheiten an, so dass aus Tisoni neu Tissot wird. Sein Enkel erwirbt im 13. Jahrhundert das Schloss und Gut zu Rances (VD), bevor ein weiterer Nachkomme um 1400 nach Grancy (VD) übersiedelt. Hier wird – Generationen später – Samuel A. Tissot am 20.03.1728 als Sohn des reformierten Vermessungskommissars Pierre Tissot und der Adligen Jeanne-Charlotte Grenus geboren.

 

In Genf im Geiste des Humanismus ausgebildet, erlangt Samuel A. Tissot 1749 in Montpellier bei François Boissier de Sauvages den Doktortitel in Medizin. Aus Frankreich zurückgekehrt, erwirbt er sich während der Pockenepidemie von 1752 aufgrund seines selbstlosen Einsatzes ersten Ruhm, dem sich 1760 mit der Publikation seines Buches LʼOnanisme (dt. Die Onanie) ein großer Erfolg als Buchautor anschließt. Bis Ende des 19. Jahrhunderts folgen 67 Auflagen und mehrere Übersetzungen des umstrittenen Werkes: Dieses sucht – ganz im Sinne der Aufklärung, der sich Tissot verpflichtet weiß – die weitverbreitete Ablehnung der Onanie im Wesentlichen aus medizinischer Sicht zu begründen. Europaweit bekannt wird Tissot schließlich mit seiner 1761 publizierten Schrift Avis au peuple sur sa santé (dt. Anleitung für das Volk hinsichtlich seiner Gesundheit). Als Aufklärer steht Tissot mit verschiedenen Gesinnungsgenossen in Kontakt, u.a. Voltaire (François-Marie Arouet) und Jean-Jacques Rousseau.

 

Trotz lukrativen Angeboten aus ganz Europa verbleibt er mit Ausnahme einiger Reisen und einiger Semester als Dozent in Pavia (1781-1783) in Lausanne, wo er seit 1766 als Professor der Medizin tätig ist. Als Vizepräsident des Lausanner Collège de médecine leitet Tissot zudem seit 1787 das Gesundheitswesen der Waadt, bevor er am 13.06.1797 an Tuberkulose stirbt.