Massaker in der Mühle von Agau / Todesstrafen für Kamisarden

IMA.18.006 Massaker in der Mühle von Agau / Todesstrafen für Kamisarden (Kupferstich, 1733) / © Sammlung PRISARD
IMA.18.006 Massaker in der Mühle von Agau / Todesstrafen für Kamisarden (Kupferstich, 1733) / © Sammlung PRISARD

Kupferstich von einem unbekannten Stecher, Anfang 18. Jh.

 

Einzelblatt aus: [Imhof, Andreas Lazarus von], Neu-eröffneten historischen Bilder-Saals Sechster Theil. Das ist: Kurtze, deutliche und unpassionirte Beschreibung der HISTORIAE UNIVERSALIS. Nürnberg: Johann Leonhard Buggel und Johann Andreas Seitz, 1733.

Bildanalyse und historischer Kontext

(dr). Der Kupferstich wird gelegentlich als Darstellung des Massakers in der Mühle von Agau  vom 1. April 1703 gedeutet, bei dem der Marschall Montrevel die Teilnehmer einer geheimen protestantischen Versammlung (in der Nähe von Nîmes) niedermetzeln liess. Der Abbildungskontext macht jedoch auch eine alternative Deutung möglich: Es könnte sich hier um eine grafische Zusammenführung verschiedener Todesstrafen handeln, die für Kamisarden angewandt wurden: Galgen, Enthauptung, Rad und Feuer. Schwierig bleibt jedoch bei dieser Deutung, dass im Vordergrund  offensichtlich eine Frau hingerichtet wird.

Abbildungskontext

»[1703] In Nieder-Languedoc ist ein gewisses Gebürg / welches Sevennes heis[s]t / wo sich schon zu Ende des vorigen Jahres einige neu-Bekehrte zusammen gezogen / und die Waffen gegen den König ergreiffen / ihre Gewissens-Freyheit zu mainteniren und zu verteidigen. Der Graf Broglio wurde zu erst mit einigen Trouppen dahin geschickt / als man dieses Werck noch gantz vor nichts hielt. Alleine dieser wurde geschlagen / dass auch drey Bischöffe in Gefahr lieffen / gefangen zu werden. Hierauf schickte der König / zu Ende des vorigen Jahres / den Maréchal de Montrevel mit zwantzig tausend Mann in diese Provinz / welche Trouppen eines Theils von denenjenigen / so Villars im Elsasse commandiren sollte / genommen worden. Anfangs publicirte dieser Maréchal eine Amnestie und Vergessung aller Beleidigungen / diese Leute aber hingegen ein Manifest, worinnen sie allegirt und führten / dass sie ihr Gewissen und die Freyheit zu vertheidigen / die Waffen führen müs[s]ten / übrigens ihrem Könige getreu verbleiben wollten. Montrevel fieng hierauf an zu hencken und zu köpffen / und diese hingegen verstärckten sich auf zehen tausend Mann / und schlugen die königlichen Trouppen im Feb[ruar]. bey Nimes und Montmelian, weswegen Montrevel noch mehr Regimenter aus Italien an sich ziehen mus[s]te / wogegen die aufgestandene[n] sich gegen zwantzig tausend vermehrten. Weil sie nun von der Englischen Flotte einen Succurs zu bekommen vermeynten / wurden die See-Küsten wohl verwahret. Alle Actiones und Scharmützel / so indessen vorlieffen / waren zum Nachtheil derer königlichen Trouppen / und kam es so weit / dass sie die Stadt Bagnol in Contribution setzten / da sie auch fünffmal hundert tausend Gulden von Holland und Engeland bekamen / erklärten sie sich in einem Manifeste, die Waffen nicht eher nieder zu legen / biss das Edict von Nantes wieder hergestellet wäre / welches die Frantzosen dergestalt verbittert / dass keine Marter auszudencken / so sie denen Camisards, denn so nennten sie diese Leute / nicht anthaten. Diese revangirten sich auf gleiche Art / und verbrennten alle Katholischen Kirchen / so sie nur habhafft werden kunten. Absonderlich / da Montrevel vor Nimes eine Mühle / worinnen sie ihren Gottes-Dienst hielten / anstecken / und mit samt denen armen Leuten verbrennen lassen. Die Campagne war so glücklich vor sie / dass sich endlich Montrevel auf das Schloss Carignon vor ihnen verstecken musste / und waren sie dieses Jahr Meister im Felde / dass sie auch die Erndte einsammelten. Weil man mit Macht gegen diese Leute nichts ausrichten kunte / suchte man sie entweder durch Güte zu hintergehen / oder ihrer loss zu werden / und liess ihnen Montrevel den 21. Jul[i]. auf des Königs Geheiss / durchen einen Tambour zu wissen thun / dass die sie Freyheit haben sollten / aus dem Lande zu ziehen / und wollte man ihnen Fuhr und Proviant / ja auf denen Gräntzen einer jedweden Person eine Louis d´Or reichen. Allein die Aufgestandene[n] gaben zur Antwort: Der König hätte sie so offt hintergangen / dass sie ihm nicht mehr traueten; (...).«

 

Imhof, Bilder-Saals, S. 595-596

Das Massaker von Agau

»[1703] Au commencement d´Avril Montrevel étant à Nîmes fut averti qu´environ quatre-vingt personnes de la Religion s´étoient Assemblées dans un Moulin situé derriere la Porte des Carmes. Ce n´étoient pour le plûpart que des femmes & des enfans qui n´avoient point d´autre but que de prier Dieu. Il y couru aussi tôt à la tête d´un Corps de Dragons & de Soldats, & faisant entourer le Moulin, il y fit entrer son monde avec ordre de tout égorger sans misericorde, & ce barbare commandement ne fut que trop exactement executé.«

 

Isaac de Larrey, Histoire de France (Bd. 8, S. 227)