Tod von Pierre Laporte »Roland«

IMA.18.003 Tod von Pierre Laporte »Roland« (Kupferstich, 1710) / © Sammlung PRISARD
IMA.18.003 Tod von Pierre Laporte »Roland« (Kupferstich, 1710) / © Sammlung PRISARD

Kupferstich von einem unbekannten Stecher, zwischen 1704 und 1710.

 

(dr). Im Vordergrund der Kamisardenführer Pierre Laporte, genannt »Ro[l]land«, der bei der Flucht aus dem Schloss Castelnau gestellt und durch eine Gewehrkugel getötet wird. Im Hintergrund die öffentliche Hinrichtung von fünf Männern durch das Rad: Der Abbildungskontext legt nahe, dass es sich um die fünf Offiziere Rolands handelt, die mit Letzterem zusammen gestellt wurden. Während drei von ihnen in der Darstellung bereits hingerichtet sind und einer soeben gerädert wird, steht dem Fünften die Hinrichtung unmittelbar bevor.


Einzelblatt aus: [Imhof, Andreas Lazarus von], Neu-eröffneten historischen Bilder-Saals Sechster Theil. Das ist: Kurtze, deutliche und unpassionirte Beschreibung der HISTORIAE UNIVERSALIS. Nürnberg: Johann Leonhard Buggel und Melchior Gottfried Hein, 1710.

Historischer Kontext

(dr). Der in Le Mas Soubeyrand (Cevennen/Südfrankreich) geborene Pierre Laporte (auch: „Ro[l]land“, 03.01.1680-13./14.08.1704) wird mit 22 Jahren Anführer einer Kamisardeneinheit der Nieder-Cevennen in der Umgebung von Mialet und Lassalle. Nach umstrittenen Friedensgesprächen mit der Regierung durch den Kamisardenanführer Jean Cavalier (1681-1740) und dessen darauffolgender Waffenniederlegung setzt Roland den bewaffneten Widerstand fort.

  Als Roland und sein Leutnant Malhier (auch: Maillé) am  13./14. August 1704 auf Schloss Castelnau-lès-Valences heimlich und über Nacht ihre adeligen (vrmtl. Ehe-)Frauen Marthe und Catherine de Cornély treffen wollen, wird Roland von einem Vertrauensmann verraten. Herbeigerufene Truppen umstellen daraufhin zunächst unbemerkt das nächtliche Schloss. Als sie schließlich entdeckt werden, gelingt einigen Kamisarden die Flucht, bevor die Soldaten das Schloss erstürmen. Roland hingegen, im Schlaf überrascht, sitzt in der Falle. Zusammen mit fünf seiner Offiziere - Malhier, Guérin, Coutereau, Grimaud und Raspal - entkommt er zunächst durch eine kleine Tür des Schlosses. Von Soldaten jedoch verfolgt und schließlich umzingelt, wird Roland durch eine Gewehrkugel tödlich verwundet. Seine fünf Gefährten  ergeben sich daraufhin widerstandslos. Während sie durch das Rad hingerichtet werden, wird dem in Uzès und Nȋmes zur Schau gestellten Leichnam Rolands postum der Prozess gemacht, die Leiche auf dem Scheiterhaufen verbrannt und die Asche zerstreut. Der Verräter Malarte erhält für den Verrat ein hohes auf Roland gesetztes Kopfgeld.

Abbildungskontext

»[1704] Nachdem diese Leute [= »die Sevenner«, d.h. Kamisarden] den freyen Abzug / so ihnen Montrevel angetragen / ausgeschlagen / wütete dieser mit Schwerdt und Flammen gegen sie / und die Sevenner tractirten die Alt-Katholischen und ihre Kirchen auf gleiche Art. Hierbei ist merckwürdig / dass die Aufgestandenen der sogenannte Cavalier commandirte / [724] die Alt-Katholischen aber ein Einsidler / Namens Fevre, welche beyde auf das grausamste gegen ihre Feinde verfuhren / und wurden weder Menschen noch Gebäu[d]e verschont. Den I5. Mertz schickten die Sevenner fünff hundert Mann aus / und forderten des Königs Völcker zu Alais zu einem Combat und Streit: Diese erschienen auch / und trieben die Camisards zurück / verfielen aber in einem Hinterhalt / und wurden meistens massacriret / dass zwölf hundert auf dem Platz blieben / wodurch die Aufgestandenen einen grossen Zugang an Waffen und Kleidern bekamen. Weil nun Montrevel gegen diese Leute nichts fruchtbarliches ausrichten kon[n]te / that man bey Hofe / als wenn man mit seinem harten Verfahren / welches doch von des Königs Befehl herrührete / nicht zu frieden / und wurde ihm das Commando genommen / auch der Maréchal de Villars, den I2. Apr[il]. an seine Statt dahin geschickt / welcher die armen Leute überreden mus[s]te / als wenn Montrevel alles / gegen des Hofs Ordre gethan. Nichtsdestoweniger war er nach Guienne, wo man sich auch eines Auffstands befurchte / beordert. Weil Villars ein sehr angenehmer Mann / welcher zu gehörigen Zeiten zu schmeicheln weiss / stellte er sogleich eine Conferentz mit denen Malcontenten an / und versprach ihnen / im Namen des Königs / guldene Berge / wo sie die Waffen niederlegen wollten. Die Häupter der Aufgestandenen waren Cavalier, Rouland [= Roland], Ravanel, und Catinat; welche Anfangs schlechte Luft bezeugten / und ihre Freyheit / mit Aufsetzen Guts und Bluts / ansetzen wollten / wie denn auch die drey letzten beständig dabey beharreten / ohne Cavalier liesse sich in Tractaten ein / und trat mit neun und viertzig Personen auf des Königs Seite / wovor ihm ein Obristen-Patent gegeben ward. Er gieng auch hierauff nach Hofe / und bekam Ordre an dem Rhein zu dienen. Alleine / als er bald an den Gräntzen [!] in Burgund war / gieng er durch / und salvirte sich durch den Canton Bern / zu dem Hertzog von [725] Savoyen / wo er gegen Franckreich gute Dienste gethan / auch sich hierauf nach Spanien begeben / da er in der Schlacht bey Almanza, mit neun Wunden / auf dem Mahl-Platze liegen blieb / und doch wunderbar errettet ward / und zu den Seinen kam. Die Neu-Aufgestandenen verlangten die Wiederherstellung des Nantesischen Edicts, worauf Villars, ärger als Montrevel, zu wüten anfieng / und den 8. Jun[i]. aus Nimes das Dorf Cordilet , und kurtz darauf Manoblet und Calognas, verbrandte / und alle Menschen hinrichtete. Hingegen thaten diese dergleichen / und schlugen das Regiment Fimarcon, und ein anderes bey Alais. Als Villars nichts mit Gewalt ausrichten kunte [!] / suchte er seine Sachen durch Geld auszurichten / und liess auf die Häupter der Sevenner grosse Summen setzen / worauf einer den [= dem] Commendanten [!] in Usez verrieht / dass Rouland [= Roland], mit sechs [korrekt ist: fünf, Anm. d. Verf.] seiner besten Leute / zu Castelnau seye / wo er auch attrappiret / und in der Aktion erschossen ward / die übrigen aber wurden lebendig gerädert. Hierauf führte Ravanel den Hauffen hervor / als welcher achtzig Königliche Soldaten gefangen bekam / und [726] dieselbe zur Rache / wegen Roulands [= Roland], jämmerlich hinrichten liess. Nach diesem leiss der König denen Aufgestandenen / von neuem / die Freyheit aus dem Lande zu gehen / anbieten / wesswegen [!] auch eine Parthey von dreissig Personen die Freyheit über Geneve suchte / welchen Catinat im Nov[ember]. folgte / doch stellte sich Adam und Rose zu ihren Anführern / welche von neuem den Krieg anfiengen / und wurden die Königlichen Trouppen bey Andouse geschlagen. Allein sie sahen / dass es in die Länge nicht dauern kunte [!] / weil ihre besten Häupter weg / und die Gemeinen sich desswegen [!] verliefen / dahero sich auch Rose nach Geneve retirirte / und hatte also Villars die Ehre / dass / wo er diese Unruhe nicht gäntzlich ausgetilget / dennoch einiger massen gestillet hat.«

 

Imhof, Bilder-Saals, S. 723-726