Hugenotten unter dem Hakenkreuz

Historischer Kontext

Fahnenaufmarsch der Nationalsozialisten (Historische Grafik, 1933) / Sammlung PRISARD
Fahnenaufmarsch der Nationalsozialisten (Historische Grafik, 1933) / Sammlung PRISARD

(dr). Zur Zeit des Nationalsozialismus sucht die Französische Kirche in Deutschland den Mittelweg: Sie ist dem NS-Staat gegenüber grundsätzlich loyal und je nach Mehrheitsverhältnissen mal der Bekennenden Kirche zugeneigt, mal den Deutschen Christen. Beim Verlesen der Zehn Gebote streicht die Französische Kirche von Berlin das einleitende »Höre Israel«, weil es für Nationalsozialisten anstößig sein könnte. In einigen Fällen werden die »jüdischen« Zehn Gebote komplett ersetzt durch einen Text aus dem Neuen Testament. Nach den Judenpogromen im November 1938 kündigt die Französische Kirche Berlin allen Juden, die in Häusern und Wohnungen der Gemeinde wohnen. Für die Nationalsozialisten gelten die Hugenotten und ihre Nachkommen als eine »besonders positive Auslese besten germanischen Blutes« und sind den deutschen Volksgenossen gleichgestellt.

Funktionäre und Militärs im Dritten Reich mit hugenottischen Wurzeln

  • Kurt Wilhelm Gustav Erdmann von der Chevallerie, General der Infanterie und Oberbefehlshaber der 1. Armee.
  • Richard Walther Darré, Reichsbauernführer und Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft: Abstammung aus der Linie DʼArrest.
  • Adolf Galland, General der Jagdflieger und Generalleutnant der Wehrmacht.
  • Hermann Göring, Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Reichstagspräsident und designierter Hitlernachfolger: Abstammung aus der Linie de Nérée.
  • Heinrich Himmler, Reichsführer SS: Abstammung aus der Linie Passaquai.
  • Hans-Joachim Marseille, höchstdekorierter Jagdflieger (»Stern von Afrika«).
  • Alfred Rosenberg, Leiter des außenpolitischen Amtes und NSDAP-Chefideologe: Abstammung aus der Linie Sizé.
  • Eduard Le Seur, ev. Pfarrer, Buchautor und Mitarbeiter am Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben.
  • Paul Le Seur, ev. Pfarrer, Buchautor, Evangelist und Bibelschuldozent.

Funktionäre und Militärs im Dritten Reich ohne hugenottische Wurzeln

  • Gunther DʼAlquen, Hauptsturmführer der SS und Herausgeber des SS-Blattes Das schwarze Korps: womöglich keine hugenottische Abstammung.
  • Moritz von Faber du Faur, Bezirkschef der Militärverwaltung von Südwestfrankreich und Stadtkommandant von Bordeaux

Hugenottennachkommen in der Bekennenden Kirche und im Widerstand

  • Joseph Chambon, der sich wie andere Pfarrer der Französischen Kirche Deutschlands der sog. »Bekennenden Kirche« anschloss, jedoch 1937/38 seine Berliner Gemeinde gezwungenermaßen verlassen muss. Chambon flieht aus Angst vor Verhaftung in die Schweiz. Er ist der Autor des für damalige Zeit regimekritischen Klassikers Der Französische Protestantismus. Sein Weg bis zur französischen Revolution.
  • Paul Lejeune-Jung, hugenottischer Abstammung, jedoch im katholischen Glauben seiner Mutter erzogen, wird als Widerstandskämpfer nach dem fehlgeschlagenen Attentat auf Hitler vom 20.07.1944 verhaftet und hingerichtet.

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